Börsengang im kommenden Jahr?

Liquid Death will 2024 an die Börse gehen

14/07/2023
header image

Der vielleicht spannendste Marketing-Stunt seit Ronald McDonald strebt an die Börse und hat Goldman Sachs engagiert 

Auf die Idee, Wasser in Dosen abzufüllen und das Produkt dann Liquid Death zu nennen, muss man erst einmal kommen. Der ehemalige Kreativdirektor Mike Cessario hatte diesen Geistesblitz im Jahr 2017. Seine Idee: “Bergwasser” (angeblich aus Frankenmarkt in Oberösterreich) in einer “16,9-Unzen-Tallboy-Dose” (0,47 Liter) anzubieten, verziert mit einem schmelzenden Totenkopf-Logo, das an Craft-Biere oder Energy-Drinks wie Monster und Rockstar erinnert. 

In einem CNBC-Interview Ende letzten Jahres erklärte der 40-Jährige, wie er den “dümmsten Namen” und einen Facebook-Post in eine 700-Millionen-Dollar-Wassermarke verwandelte.

 

Erfolg durch konsequente Markenstrategie

Vor allem markenstrategisch ist Liquid Death ein echter Coup: Während sich bestehende Wasseranbieter wie Nestlé, Danone etc. meist bieder, uninspiriert und austauschbar präsentieren, gelingt es Liquid Death, eine enge Bindung zwischen Marke und Konsument aufzubauen. Das Unternehmen beherrscht die gesamte Klaviatur des modernen Marketings, von viralen Posts in den sozialen Medien bis zum Super-Bowl-Werbespot. Genial sind Slogans wie “Murder your thirst”, “The only water so pure it’s deadly” oder “Taste the mountain, not the bottle”. 

Mike Cessario erläuterte seine ausgeklügelte Marken- und Marketingstrategie kürzlich im 20VC-Podcast von Harry Stebbings

“Große Unternehmen glauben, dass sie sich durch einzigartige Zutaten von anderen unterscheiden, aber diese können leicht nachgeahmt werden. Ihre Marke ist der einzigartige Akzent, den sie im Marketing setzen können. Sie ist das, was andere nicht imitieren können”, so der Gründer.

Entsprechend lautet einer von Cessarios Tipps für andere Food-Start-ups: “Branding bei Lebensmitteln und Getränken ist das größte Unterscheidungsmerkmal, denn ‚Verbraucher sind nicht dumm‘. Sie glauben nicht wirklich, dass ein Produkt dramatisch besser ist als ein anderes. Es geht mehr darum, zu welcher Marke sie eine Affinität haben”. Bei seinem Produkt sei die Markenaffinität inzwischen so groß, dass sich immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten “Liquid Death”-Tattoos stechen lassen.

 

Auch design-technisch eckt das Produkt an: Auf der Dose prangt ein tropfender Totenkopf. Damit spricht es Männer an - in einem von Frauen dominierten Bereich. Cessario spricht von “Wasser mit einem Heavy-Metal-Schwung”, kommuniziert Nachhaltigkeit und einen großen Spaßfaktor. “Ich wollte nicht, dass es ein Hipster-Wasser ist. Wir sind eine Comedy-Unterhaltungsplattform, die im Internet lebt”, fasst Cessario seine Verständnis der Marke zusammen.

Wo es Fans gibt, gibt es auch Kritiker!

Als junge Marke sollte man keine Angst davor haben, anders zu sein und zu polarisieren. “Wenn es Leute gibt, die etwas wirklich lieben, wird es auch Leute geben, die es wirklich hassen.” Deshalb greift das Start-up auch negative Kommentare und Kritiken von Kundinnen und Kunden auf und verarbeitet sie zu Songs. Bisher hat Liquid Death bereits zwei Greatest Hates”-Alben veröffentlicht. Der beliebteste Track: “Fire Your Marketing Guy”. 

Ende Juni kündigte die Band ihr drittes Album an. Es trägt den Titel ”Greatest Hates Vol. 3 - F**k Whoever Started This” video (ft. Frank Iero)”.

Mit dabei sind diesmal Frank Iero von My Chemical Romance und L.S. Dunes, Tony Hawk, Toby Morse von H20, Jen Razavi von The Bombpops und Kayleigh Goldsworthy. 

Das Video hatte in den ersten zwei Wochen nach seiner Veröffentlichung allerdings nur 510 Aufrufe. 

 

Die Erfolgsgeschichte von Liquid Death

Liquid Death gilt als das “am schnellsten wachsende alkoholfreie Getränk aller Zeiten”. 

Es ist derzeit das meistverkaufte stille Wasser und das zweitmeistverkaufte kohlensäurehaltige Wasser auf Amazon. Die Dosen sind derzeit in den USA, Kanada und Australien erhältlich und in den USA bereits in 60.000 Einzelhandelsgeschäften gelistet, was einer nahezu flächendeckenden Präsenz entspricht. Mit der Einführung einer Linie aromatisierter Mineralwässer hat das Unternehmen seine Marktführerschaft weiter ausgebaut.

Kürzlich wurde das Angebot um aromatisierte Seltzer mit Geschmacksrichtungen wie “Mango Chainsaw” und “Severed Line” erweitert.

 

Der Umsatz, der 2019 noch bei 2,8 Millionen Dollar lag, soll 2022 bei rund 130 Millionen Dollar liegen, was etwa einer Verdreifachung des Vorjahresumsatzes entspricht. 

Mit kreativen und humorvollen Marketingkampagnen hat sich Liquid Death eine treue Fangemeinde aufgebaut und ist in den wenigen Jahren seines Bestehens zum Kultfavoriten der “Gen Z” geworden. 2,9 Millionen Menschen folgen dem Unternehmen auf TikTok - weitere 1,3 Millionen auf Instagram. Damit ist es die Getränkemarke mit den meisten Followern in den USA. Die Fangemeinde ist breit gefächert: von Jugendlichen, die den “coolen” Namen und das Design der Marke lieben, bis hin zu Müttern, die ihren Kindern etwas Gesundes zu trinken geben wollen. Die Washington Post titelte unlängst “Liquid Death is a mind-set.”

Cessario, der früher selbst Teil der Underground-Musikszene war, zeigt sich vom Erfolg selbst überrascht. “Ich hätte nie gedacht, dass es so groß werden würde. Ich glaube, eine der größten Überraschungen für alle war, wie groß das Publikum wirklich ist”. Er vergleicht Liquid Death mit Alkohol. Er vergleicht es mit “Saturday Night Live”. Er vergleicht es mit vielen Dingen - außer mit anderem abgepackten Wasser.

 

Der Gründer Mike Cessario

Mitgründer und CEO des Unternehmens ist der ehemalige Netflix Creative Director Mike Cessario. Er kennt sich mit erfolgreichem Marketing aus und hat bei Netflix an viralen Werbekampagnen für zahlreiche Eigenproduktionen mitgewirkt.

Cessario verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Getränkeindustrie und arbeitete für verschiedene Unternehmen, darunter Coca-Cola, PepsiCo und The North Face. Er gilt als erfahrener Marketingexperte und ist bekannt für seine innovativen und aufmerksamkeitsstarken Werbekampagnen.

Die Idee zu Liquid Death kam ihm 2014, als Cessario in Denver lebte und an einer Werbekampagne über die Gesundheitsrisiken von zuckerhaltigen Energydrinks arbeitete. Die Band trat mit einigen befreundeten Musikern beim Musikfestival Vans Warped Tour auf. Monster Energy Drinks war einer der Sponsoren der Tour, also tranken die Musiker aus Monster-Dosen, aber sie ersetzten den Energy Drink durch Wasser, um während der Auftritte hydriert zu bleiben”, sagt er. “Das brachte mich zum Nachdenken: Warum gibt es nicht mehr gesunde Produkte, die trotzdem ein lustiges, cooles, respektloses Branding haben? “Weil die meisten der lustigsten, einprägsamsten und respektlosesten Brandings für Junkfood sind.”

Dabei war seine Idee zunächst nur als Scherz gedacht: “Ein Wasser in Dosen zu machen, das sozusagen nur als Gag gedacht war, um sich über Energy Drinks lustig zu machen”.

Positiver Nebeneffekt: Cessario ist ein starker Verfechter der Nachhaltigkeit und hat Liquid Death auferlegt, negative Auswirkungen auf die Umwelt zu minimieren. Die Marke verwendet daher recycelte Materialien in ihrer Verpackung und spendet einen Teil ihres Gewinns an Umweltschutzorganisationen, um “die Plastikverschmutzung zu bekämpfen”. Bisher kamen dabei mehr als eine Million Dollar zusammen.

 

Proof of Concept fast ohne Budget 

Uns war klar: “Die einzige Möglichkeit, als Wassermarke eine Überlebenschance zu haben, besteht darin, das Produkt selbst so wahnsinnig interessant zu machen, dass ein Großteil des Marketings in das Produkt integriert wird”, sagt Cessario. 

Um herauszufinden, ob seine verrückte Idee eine Chance haben könnte, wählte Cessario einen cleveren und kostengünstigen Weg. Er produzierte ein 3D-Rendering seines Dosendesigns und erstellte 2018 eine Facebook-Seite, auf der er Liquid Death als bereits erhältliches Produkt positionierte. 

Außerdem drehte er einen zweiminütigen Werbespot mit einer befreundeten Schauspielerin, der ihn 1.500 Dollar kostete, und gab “ein paar Tausend Dollar für bezahlte Medien” aus, um für sein Produkt zu werben. “Nach vier Monaten hatte das Video bereits drei Millionen Aufrufe und die [Facebook-]Seite fast 80.000 Follower”, sagt Cesario. Außerdem meldeten sich auf der Facebook-Seite nicht nur viele Leute, die fragten, wo sie Liquid Death kaufen könnten, sondern auch Getränkehändler, die das Produkt in ihren Läden anbieten wollten.

ür Investoren war diese “Traction” Beweis genug: Liquid Death erhielt im Januar 2019 eine Seed-Finanzierung in Höhe von 1,6 Millionen US-Dollar von Science Ventures und begann noch im selben Monat, Wasser in Dosen über seine Website an Kunden zu verkaufen.

 

Nächster Schritt: Börsengang 

Wie The Information.com am späten Mittwoch berichtete hat Liquid Death Goldman Sachs engagiert, um einen möglichen Börsengang im Frühjahr nächsten Jahres zu begleiten. Obwohl der IPO-Markt in der ersten Hälfte dieses Jahres schwach war, sehen Marktbeobachter erste Anzeichen für eine Erholung im kommenden Jahr. 

Laut Peter Pham, Vorstandsmitglied von Liquid Death, wurde die auf Millennials und die Generation Z ausgerichtete Getränkemarke im vergangenen Jahr in einer von Science Ventures angeführten Finanzierungsrunde mit 700 Millionen Dollar bewertet.

Erst Anfang Oktober 2022 konnte sich Liquid Death eine Finanzspritze von 70 Millionen Dollar von Investoren wie Science Ventures und der Musikgruppe Swedish House Mafia sichern. Insgesamt wurde das Unternehmen mit 700 Millionen Dollar bewertet. 

Investor Peter Pham von Science Inc. sagte in einem Blogpost: ”Wir haben die Seed-, Series C- und Series D-Runden von Liquid Death geführt und sind unglaublich beeindruckt von der kulturellen Marke, die Mitgründer und CEO Mike Cessario aufbaut, und wir sehen Wachstumsmetriken, wie wir sie noch nie zuvor gesehen haben”. Pham deutete auch an, dass das Unternehmen seine Expansion nach Europa vorantreiben werde. 

Laut The Information stehen dem Erfolg von Liquid Death jedoch auch einige Herausforderungen gegenüber: Demnach könnten die mangelnde Profitabilität und die Konzentration auf ein bereits gesättigtes Marktsegment den Aktienkurs beeinflussen. Das Unternehmen hat bereits Maßnahmen ergriffen, um die Kosten zu senken - unter anderem wurden die Wasserquellen in die USA verlegt. 

Laut Forbes will das Unternehmen 2024 profitabel sein. Derzeit liegt der Bruttogewinn des Unternehmens bei nur rund 12 Prozent des Umsatzes und damit deutlich niedriger als bei anderen Getränkeunternehmen.

Doch der wirtschaftliche Erfolg ist beeindruckend: Nach einer Verdreifachung des Umsatzes auf 130 Millionen Dollar im Jahr 2022 (gegenüber 45 Millionen Dollar im Jahr 2021) sei das Unternehmen auf dem besten Weg, seinen Umsatz im laufenden Jahr zu verdoppeln.

 

Investoren von Liquid Death

Zu den Investoren, die das Unternehmen unterstützen, gehören unter anderem Live Nation Entertainment und Science Ventures sowie prominente Unterstützer wie die Komikerin Whitney Cummings und Mitglieder der Musikgruppe Swedish House Mafia. 

In den einzelnen Finanzierungsrunden haben sich folgende Business Angels und Venture Capitalists an dem Unternehmen beteiligt.

Seed Round: Science, Biz Stone, Jen Rubio, Nick Tran

Series A: Science, Jake Strom, Jen Rubio, Blake Mycoskie, Nick Green, James Siminoff, Michael Ryan Dubin

Series B: Velvet Sea Ventures, Convivialite Ventures, Pat McAfee, Fat Mike, Moving Capital, Uncommon Denominator, Chris Nakutis Taylor, Sophia Amoruso

Series C: Live Nation Entertainment, Nomad Venture Fund, Chris Nakutis Taylor, Science, Michael Jones, PowerPlant Partners, Tony Hawk, Kelly L Campbell, Michael Ryan Dubin, Steve Aoki, Wiz Khalifa, Machine Gun Kelly, Dwight Funding

Series D: Science, Chris Nakutis Taylor, Swedish House Mafia, Live Nation Entertainment, Access Capital

Erwähnte Profile
Liquid Death
Liquid Death
Liquid Death
Murder your thirst
Santa Monica
Santa Monica
Folgen
Folgen
Ähnliche Artikel