Knapp ein Viertel der Hamburger Startups kommen aus dem E-Commerce. Welche bekannten Marken gehören dazu?
Nils Seebach: Die vermutlich bekannteste Marke ist About You. Ansonsten haben viele Hamburger E-Commerce-Startups B2B-Modelle und sind daher der Masse eher unbekannt. Es geht oft um die Optimierung von Onlineshops. In diesem Bereich gibt es hier eine recht bunte Mischung kleinerer Startups.
„FÜR EINE GRÖSSERE VENTURE-FINANZIERUNG MUSS MAN NACH BERLIN FAHREN“
Welche Bedingungen bietet Hamburg E-Commerce-Gründern?
Nils Seebach:Es gibt einen recht guten Frühphasen-Support, verschiedene Programme, die Geld zur Verfügung stellen. Dazu kommt, dass Startups im fünf- bis sechsstelligen Bereich gut an den Konzernen entlang verdienen können. Danach wird es schwierig. VC-Finanzierung und Angels gibt es wenig, gemessen an der Größe des Standorts und dem Anteil der Millionäre. Für eine größere Venture-Finanzierung muss man nach Berlin fahren. Gefühlt gibt es hier dafür mehr Finanzierung durch Banken für agenturähnliche Modelle.
Welchen Einfluss hat die Otto Group auf den E-Commerce?
Nils Seebach: Otto ist der größte Ausbilder der E-Commerce-Szene. Überspitzt gesagt fühlt es sich an, als bestünde die gesamte Branche aus Leuten, die mal bei Otto im Business Development waren. Die Leute kennen sich auch untereinander und helfen sich. Das bringt alle weiter. Der ehemalige Chef von meinem Spryker-Mitgründer Alexander Graf leitet zum Beispiel an einer Fachhochschule den Studiengang E-Commerce und verbindet uns immer wieder mit vielversprechenden Studenten.
Hat About You eine Signalwirkung?
Nils Seebach: Total! Das kommt zum Beispiel durch die Leute, die About You anzieht. Da entsteht auf einmal eine große Infrastruktur. Und mit Tarek Müller und Sebastian Betz hat About You zwei Führungsmitglieder, die auch durch ihre Entwicklerkonferenz Codetalks jeder kennt. Besonders Tareks Beispiel zeigt, wie erfolgreich so eine Verbindung mit einem Konzern wie der Otto Group im E-Commerce sein kann.
Gibt es eine Verbindung zwischen Hamburg und Berlin?
Nils Seebach: Wenn die Deutsche Bahn smart wäre, würde sie Meetingräume in den Zügen zwischen Hamburg und Berlin vermieten. Der informelle Austausch ist sehr groß, und die Hamburger haben gelernt, dass sie in den Zug steigen und in Berlin nach Venture Capital suchen können.
„Wenn die Deutsche Bahn smart wäre, würde sie Meetingräume in den Zügen zwischen Hamburg und Berlin vermieten“
Ist es ein Nachteil, dass in Hamburg weniger Geld fließt?
Nils Seebach:Es ist anders und erfordert andere Gründertypen. Wenn du kein Geld hast, das du im Wachstum verbrennen kannst, geht Sicherheit vor Geschwindigkeit. Das ist schwer, schult aber sehr gut. Ich nenne das immer: ‚Durch den Schlamm robben.‘
NILS SEEBACH
Nils Seebach ist E-Commerce- und Investment-Experte sowie Unternehmer. Er hat mit Alexander Graf Spryker gegründet. Beide haben gemeinsam mit Tarek Müller 2011 ein Netzwerk aufgebaut, aus dem About You, ein Otto-Group-Startup, hervorging sowie das Experten-Netzwerk E-Tribes. spryker.com