„Wir müssen in die Zukunft schauen“
Peter, worauf achtet Ihr, wenn sich Startups für den Hubraum bewerben?
Peter Borchers: Auf der einen Seite sind für uns die klassischen VC-Kriterien wichtig: Glauben wir an das Produkt oder den Service? Ist der Markt groß genug? Wie ist das Team aufgestellt? Das Team ist besonders wichtig, weil die Gründer in der Frühphase ja meist nur mit Prototypen zu uns kommen. Zum anderen prüfen wir, ob mittelfristig die Aussicht auf Synergieeffekte mit den Produkten oder Services der Telekom besteht. Wenn sich die beiden Kreise überschneiden, dann investieren wir.
Haben sich die Kriterien in den vergangenen Jahren verändert?
Peter Borchers: Die Themen entwickeln sich. Wir kümmern uns insbesondere um Themen, die heute nur am Rande oder noch nicht im Tagesgeschäft der Telekom relevant sind und vermarktet werden. Wir müssen in die Zukunft schauen. Dementsprechend interessieren uns neben den klassischen Feldern wie Internet of Things, Cyber Security oder Connected Devices auch Themen wie Robotics, künstliche Intelligenz oder Blockchain.
Stimmt Ihr Euch bei Euren Investitionen mit anderen Telekom-Abteilungen, zum Beispiel DT Capital Partners, ab, die als Nachfolgeinvestoren in Frage kommen könnten?
Peter Borchers:Der Hubraum ist grundsätzlich unabhängig bei seinen Entscheidungen. Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht austauschen. Wenn zum Beispiel DT Capital Partners Dealflow bekommt, der für sie zu früh ist, leiten sie ihn an uns weiter und umgekehrt.
Neben der Telekom sind bei der Startup Night auch Microsoft, Volkswagen, Eon und die Deutsche Bank an Bord. Wie sieht für dich idealerweise ein Match zwischen Startup und Corporate aus?
Peter Borchers:Ein super Case aus unserem Portfolio ist Teraki. Das Startup beschäftigt sich mit der Datenoptimierung im Internet of Things und kürzt – ähnlich wie bei der MP3-Komprimierung – große Mengen an Daten um irrelevante Informationen. Dadurch lässt sich die Netzlast um den Faktor 1:10 bis 1:20 reduzieren. Eine zukünftige Implementierung könnte uns beispielsweise wahnsinnig helfen, etwa die Auslastung der Backbones und Datenleitungen zu verbessern.
Machen solche Startups die konzerneigenen Innovationsabteilungen auf Dauer überflüssig?
Peter Borchers:Ganz im Gegenteil. Inkubatoren sehe ich als weiteres Instrument im Werkzeugkasten der Innovation. Startup-Units ersetzen nicht die konzerneigene Produktinnovation, sondern wir ergänzen sie. Apple und Google erfinden ja auch nicht alles selbst. Es gibt immer ungleich mehr Leute außerhalb des Unternehmens, die auch gute Ideen haben, als in den Unternehmen.
„Es gibt immer ungleich mehr Leute außerhalb des Unternehmens, die auch gute Ideen haben, als in den Unternehmen.“
Welchen Maßstab legt Ihr bei Euren Startups an das Thema Skalierung?
Peter Borchers:Alle Startups denken international und wissen, dass sie ein Geschäftsmodell entwickeln müssen, das mehr oder weniger global ausrollbar ist. Entsprechend würden wir in kein Startup investieren, dass nur in Deutschland oder den Niederlanden funktioniert. Das ist einfach die Marktlogik und würde einem auf Wachstum ausgelegten Venture-Modell wie dem unseren auch nicht entsprechen.
Du hast gesagt, dass Ihr Euch die Teams genau anschaut. Greift Ihr in die Personalstruktur ein, wenn ihr merkt, das läuft nicht?
Peter Borchers:Wir prüfen die Teams sehr genau und schauen unter anderem, dass alle Kernkompetenzen im Gründerteam vorhanden sind. Dann verlassen wir uns darauf, dass die Gründer im Wesentlichen die richtigen Entscheidungen treffen. Sie kennen ihr Modell viel besser als wir und fordern Input von uns. Insofern verstehen wir uns eher als Service-
dienstleister, der den Teams mit Rat und Tat zur Seite steht. Dass wir eingreifen und gegensteuern müssen, kommt eigentlich kaum vor.
Ihr seid mit dem Inkubator-Modell nach Krakau und Tel Aviv expandiert. Was sind die Gründe für die Standortwahl?
Peter Borchers:Der Grund findet sich in den Suchfeldern, die wir zu Beginn besprochen haben. Im Bereich Cyber Security kommen zwar auch immer wieder Ideen aus Deutschland oder Osteuropa, aber viel weniger im Vergleich zu Israel. Von hier erhalten wir irrsinnig gute Bewerbungen in diesem Bereich. Deswegen haben wir uns für Tel Aviv entschieden, um von diesem Standort aus neue und andere Märkte zu erschließen.
Ist die Brücke ins Silicon Valley noch wichtig?
Peter Borchers:Die Brücke ist nach wie vor sehr wichtig. Viele unserer Teams haben US-Investoren und gehen früher oder später in die USA. Auch wenn wir dort noch keinen Hubraum haben, pflegen wir unsere persönlichen Netzwerke. So gewährleisten wir, dass die Teams mit den richtigen Leuten zusammenkommen und sich in dem Ökosystem vor Ort bewegen können, um Kunden oder andere Startups zu treffen. Das funktioniert in den USA nach wie vor sehr gut. Ein Anruf und daraus ergeben sich gleich drei neue tolle Sachen. Das ist ein ganz spezieller, faszinierender Spirit.
„Ein Anruf und in den USA ergeben sich daraus gleich drei neue tolle Sachen. Das ist ein ganz spezieller, faszinierender Spirit.“
Welcher Standort in Europa hat am ehesten das Potenzial eines Silicon Valley?
Peter Borchers: Ich glaube, dass die Großräume München und Berlin sich noch wahnsinnig weiterentwickeln werden. Beide haben eine starke Gründerszene und gute Corporate-Anbindungen. Aufgrund des technischen Schwerpunkts hat aber aus meiner Sicht München eher das Potenzial, eine Art Silicon Valey von Deutschland oder Europa zu werden. Die Szene in Berlin ist wie in New York eher inhaltlich von den Geschäftsmodellen getrieben.
Das Gespräch führte Christoph Strobel.
Peter ist Gründer und Leiter des Hubraum. Er hat Gründer- und Corporate-Erfahrung. Und ist zudem ein gefragter Speaker, Panelist, Angel Investor und Berater bei einigen High-Tech-Firmen. außerdem ist er Mitglied im Beirat „Junge digitale Wirtschaft“ des Bundeswirtschaftsministeriums.