Sieben Tipps vom Pitch Doctor
Okay, Ihr glaubt natürlich kein bisschen, dass hier wirklich das steht, was die Überschrift verspricht. Das liebe ich so an der Arbeit mit Gründern, alles extrem schlaue Menschen. Denn Fundraising ist hart, egal in welcher Phase. Und Investment-Entscheidungen hängen von vielen Faktoren ab. Aber drei Punkte werden immer wieder als spielentscheidend genannt: Team, Market, Traction. Wird dieses Team es schaffen, die Idee zum Fliegen zu bringen? Ist der Markt attraktiv genug, um langfristig ein Milliardengeschäft zu etablieren? Ist die Konkurrenz zu knacken? Ist jetzt der richtige Zeitpunkt für diese Idee? Und welche Zahlen und Fakten können heute schon belegen, dass das Startup anfängt zu funktionieren?
Ziel des Pitches ist es, dass die Investoren auf all diese Fragen mit Ja antworten. Aber leider könnt Ihr nicht einfach drei Charts zu den Themen „Team“, „Market“ und „Traction“ machen, und die Sache ist erledigt. Denn wo Seed-Investments vielleicht zum Teil noch mit Bauchgefühl gemacht werden, geht es in späteren Runden deutlich spezifischer zu. Vor allem die Traction ist entscheidend: Wenn die Zahlen schlecht sind, wird alle Anstrengung beim Pitchen nicht helfen. Also solltet Ihr da die notwendigen Voraussetzungen für erfolgreiches Fundraising legen. Zum Glück ist Pitchen kein Hexenwerk, sondern nur harte Arbeit. Wenn starke Gründer am Pitch scheitern, dann eigentlich immer, weil sie es nicht ernst genug genommen haben. Hier nun meine sieben wichtigsten Tipps zum Pitchen ab der Series A.
1. Der Pitch ist ein Prozess
Habt Ihr Eure Seed-Runde mit einem einzigen Pitch-Meeting geraised? Unwahrscheinlich, aber möglich. Wenn bei den folgenden Runden mehr Geld im Spiel ist, steigt auch die Sorgfalt, bevor ein Investor es über den Tisch schiebt. Dementsprechend ist der Prozess, eine Series A zu raisen, in den meisten Fällen langwieriger als bei einer Seed-Runde. Deshalb gilt: So früh wie möglich anfangen, mit potenziellen Series-A-Investoren zu reden (am besten schon während des Seed-Fundraisings), und sie dann regelmäßig über Eure (hoffentlich beeindruckenden) Fortschritte auf dem Laufenden halten.
2. An die menschliche Seite denken
Investment-Fonds treffen keine Entscheidungen, sondern die Menschen, die für Fonds arbeiten, treffen Investment-Entscheidungen. Es gibt also wie in allen anderen Business- Situationen eine menschliche Komponente, die von Gründern gerne zu wenig beachtet wird. Eure potenziellen Investoren müssen das Gefühl haben, dass Ihr mit Eurem Startup erfolgreich sein werdet. Sie müssen Bock darauf haben, mit Euch über Jahre zusammenzuarbeiten. Sie müssen an Euch glauben. Sie müssen Euch vertrauen. Und dieses Vertrauen entsteht nicht in einem 45-minütigen Pitch-Meeting. Es braucht Zeit. Das bedeutet: Mittagessen mit dem Investor. Abendessen mit dem Investor. Golfen mit dem Investor. Und was sonst noch so hilft, langfristig Vertrauen aufzubauen. Achtet nur darauf, dass der Investor zahlt – die haben ja oft einen eher teuren Geschmack.
3. Professionalität ist das A und O
Das Verhalten des Teams während des Pitch-Prozesses ist ein wichtiger Indikator dafür, wie professionell es in anderen Bereichen des Startups zugeht. Ein professioneller Pitch ist nicht nur eine schickes Slide-Deck, sondern die präzise Kommunikation in allen Phasen des Prozesses. Natürlich muss das Deck die notwendigen Informationen enthalten. Natürlich muss es für jeden Investor angepasst werden: Worauf legt dieser Investor besonders wert? Wie passen wir in sein Portfolio? Entscheidend ist, dass Ihr effizient und präzise Eure Geschichte auf den Punkt bringt – und das als Team: Es gibt nichts Schlimmeres als Gründer, die sich im Meeting mit Investoren nicht einig sind.
4. Ihr seid die Experten
Investoren sind unheimlich smarte Leute, oft mit sehr viel Erfahrung. Aber deshalb wissen sie nicht alles besser. Natürlich sollt Ihr ihre Tipps und Hinweise berücksichtigen, aber die Investoren müssen auch das Gefühl haben, dass Ihr wisst, wo es hingehen soll, dass Ihr die Experten in Eurem Markt seid. Denn letztlich will der Investor Euer Startup nicht selbst machen müssen, sondern von Euch zum Erfolg geführt werden. Ihr solltet also Eure Positionen klar vertreten, auch wenn der Investor anderer Meinung ist. Nur „Ja“ und „Amen“ zu sagen wird Euch langfristig als Schwäche ausgelegt und damit kontraproduktiv sein.
5. Ihr seid nicht Brad Pitt
Es hält sich immer noch das hartnäckige Gerücht, beim Pitchen müsse man sich in irgendeiner Weise verstellen. Dem ist nicht so. Pitchen ist nicht Schauspielerei. Der Prozess ist viel zu intensiv, und Investoren sind (in den allermeisten Fällen) viel zu schlau, um auf irgendwelche Tricks hereinzufallen. Zumal Ihr wahrscheinlich nicht das schauspielerische Talent habt, wirklich glaubhaft etwas anderes darzustellen als Euer reales Ich. Also probiert es gar nicht erst – steht dazu, wie Ihr seid. Denn nur so findet Ihr den oder die Investoren, die zu Euch passen.
6. Lasst die Investoren pitchen
Für Euch als Startup ist das Geld der Investoren zum Überleben notwendig. Ganz so wichtig ist der Deal mit Euch für einen VC vielleicht nicht. Aber trotzdem ist die Fundraising-Phase auch für Euch die Möglichkeit herauszufinden, welcher Investor Euch wirklich weiterhelfen kann. Also bittet schon Eure potenziellen Investoren um Unterstützung, Intros und so weiter. So könnt Ihr testen, ob der Investor wirklich so wertvoll für Euch ist, wie er behauptet. Und Ihr signalisiert auch, dass Ihr wisst, was Ihr wollt, und langfristig in der Lage sein werdet, Euch die notwendige Unterstützung zu holen.
7. Transparenz hilft allen Beteiligten
Versteckt nicht Eure Herausforderungen. Investoren wissen, dass in einem Startup nicht alles immer perfekt ist. Wenn Probleme erst später im Prozess auf den Tisch kommen, leidet das Vertrauen. Oder gibst Du Deinem Tinder-Date eine echte Chance, Dich mit Charme und Humor zu überzeugen, nachdem Du festgestellt hast, dass er oder sie nicht aussieht wie auf dem Profilbild? – Eben. Genauso wenig investieren VCs in Startups, die sich mit geschönten Pitches Meetings „erschleichen“. Also verschwendet nicht die Zeit der Investoren (und auch nicht Eure eigene), sondern seid von Anfang an transparent. Das ist die einzige Grundlage für eine erfolgreiche, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Und die ist am Ende das Ziel von Fundraising, nicht nur der schnöde Mammon. Wobei der auch ganz okay ist. In diesem Sinne: „Always be pitching“ und viel Erfolg beim Fundraising!