Demokratisierung der Verwertung

19/09/2019
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Eckart Burgwedel ist der Gründer von Uberchord. Das Startup hat eine Software entwickelt, die es ermöglicht, ein Instrument wie Gitarre interaktiv mittels Smartphone zu erlernen. Mit Blockchain beschäftigte er sich im Hinblick auf den Einsatz im Bereich Musik und Kreativität.

Wenn man sich die Zahlen der Streaming-Dienste anschaut, bleibt den Künstlern nur ein sehr geringer Teil der Einnahmen. Ließe sich das durch eine direkte Distribution – etwa über die Blockchain – ändern?

Diese Demokratisierung wirft eine zentrale Frage auf: Selbst wenn wir Kreative und Kunden technologisch und rechtlich direkt verbinden, wer sorgt für die Vermarktung der Werke? Noch sind die Verlage die VCs der Musik und daher notwendig. Spotify könnte diese Rolle als Gesamtdienstleister übernehmen, aber wollen wir das? Die Erfindung der Musik-Flatrate erfordert eine gigantische Kundenbasis und traditionell sind es dann wieder wenige, zentralisierte Player, welche den Markt beherrschen. Um wirklich Fairness zu erreichen, müssen wir daher Lösungen nicht nur für das Rechte- und Vertriebswesen entwickeln, sondern uns darüber klarwerden, wie wir in Zukunft Musik entdecken und bezahlen wollen. Bei alledem gilt es zu bedenken, dass nicht alle Musiker von ihrer Musik werden leben können — das ist seit Jahrhunderten so und einfach eine Frage von Angebot und Nachfrage.

Tatsächlich gibt es einige Musiker, die sich selbst vermarkten oder sogar über einen eigenen Token finanzieren. Wird sich der Musikmarkt dadurch grundlegend ändern?

Nein. Ein Musiker kann sich nur in Ausnahmefällen effizient selbst vermarkten oder gar eine eigene Mikro-Ökonomie schaffen, in der etwa Fans dafür belohnt werden, dem Musiker bei der Vermarktung zu helfen. Ein Token, also der Platzhalter eines wirtschaftlichen oder ideellen Werts, ist die Währung innerhalb eines geschlossenen, wirtschaftlich motivierten Systems. Der Wert des Tokens hängt von dessen Nützlichkeit in der täglichen Verwendung und der Gesamtgröße der Marktes ab. Der Gesamterfolg hängt dann also von der Größe und Aktivität der Fanbase sowie dem Vermarktungsgeschick des Musikers ab — und das erfordert Know-how, Marketing und letztlich wieder Kapital. Im Einzelfall kann das natürlich funktionieren, macht aber jeden einzelnen Musiker zu einem hochspezialisierten Silo.

Werden Labels als Mittelsmänner überflüssig werden?

Langfristig ja — aber es gibt sehr viele Fragen zu lösen. Wenn wir nicht aufpassen, ersetzen wir die heutigen Mittelsmänner nur durch andere, nämlich Investoren, Marketingagenturen und Technologiefirmen. uberchord.com